Herzlichen Glückwunsch. Wie fühlt es sich an, Gründer zu sein?
Eduardo Sotelo: Es ist schön zu sehen, dass man etwas vorantreibt und was man bisher geschafft hat. Natürlich birgt eine Gründung allerdings auch ein hohes Risiko und vor allem am Anfang sieht man noch keine greifbaren Ergebnisse. Man vertraut einfach darauf, dass es funktionieren wird. Eigentlich ist das überhaupt nicht logisch, weil man sich auf etwas verlässt, das es noch gar nicht gibt und von dem man nicht weiß, ob es überhaupt gelingen wird. Trotzdem glaubt man einfach daran.
Du bist Co-Founder und Managing Director von Horus Prosthetics. Wie setzt sich euer Team zusammen?
Eduardo Sotelo: Wir sind gerade zu dritt. Unser Co-Founder Gabriel kommt ebenfalls aus Peru und befindet sich gerade dort. Er hat einen Master in Finanzen in Frankfurt abgeschlossen und besitzt selbst noch ein weiteres Startup in Peru. Wir haben uns über Freunde kennengelernt und gemeinsam den Business Plan erstellt. Gabriel und ich haben durch unsere peruanische Herkunft natürlich einen persönlichen Bezug zu Peru und kennen die Situation dort, deshalb ist Peru unser erstes Zielland. Er ist unser Kontakt vor Ort, der mit unseren Kunden, Technikern und mit Forschungseinrichtungen sprechen kann. In Berlin lebt Muhammad, unser CMO und Content Manager. Er hat einen Master in Marketing und Management in Frankfurt abgeschlossen. Kennengelernt haben wir uns bei einem Praktikum. Mein Freund Asbjörn, der zusammen mit mir die Prothese entwickelt hat, ist inzwischen nicht mehr aktiver Teil des Gründungsteams, doch er steht uns nach wie vor als Tester und Berater zur Seite.
Was macht eure Prothesen so besonders und was ist eure Vision damit?
Eduardo Sotelo: Aktuell werden viele prothetische Lösungen hauptsächlich für Industrieländer entwickelt. Unsere Produkte sind gut, günstig und langlebig und sollen Leuten in ärmeren Gebieten die Möglichkeit geben, ihr Leben weiterzuleben und arbeiten zu gehen. Damit möchten wir weltweit den Übergang zu einer inklusiven Mobilität beschleunigen.
Wie sind die Prothesen gestaltet, um dieses Ziel zu erfüllen?
Eduardo Sotelo: Unsere Prothese setzt sich aus verschiedenen Einzelteilen zusammen. Das Kernstück, das von uns entwickelt und produziert wird, ist das Kniegelenk. Den Fuß kaufen wir von einer Firma in Oberbayern. Der Geschäftsführer hat selbst bereits in Ecuador gelebt, kennt die lateinamerikanische Welt und vertritt dieselben nachhaltigen Werte und Ziele wie wir. Für den Schaft arbeiten wir mit einem Unternehmen in Berlin zusammen und möchten das Produktionsverfahren in Peru einführen. Die Herstellung des Schafts ist wesentlich schwieriger, eine Massenproduktion ist nicht wirklich möglich. Das liegt daran, dass jede Amputation anders ist und der Schaft an den Menschen angepasst werden muss. Somit ist jeder Schaft ein Einzelstück, der vor Ort produziert werden muss. Dafür nutzen wir ein digitales Verfahren, mit dem auf Basis des Stumpfmaßes ein erstes Modell erstellt werden kann. Bei der Beschaffung unserer Materialien suchen wir nach kreativen Wegen und Werkstoffen, die eine gute Qualität haben und trotzdem günstig sind, um den Preis der Prothese gering halten zu können. Für unser Kniegelenk und die Montage der einzelnen Bauteile nutzen wir zum Beispiel Fügeklebstoffe, um das Rohr mit der Rohrhöhle und das Rillenkugellager mit der Achse zu verbinden. Das geht schnell und ist günstiger als eine Bohrung oder Klemmverbindung. Eine andere Herausforderung, die wir durch den Einsatz von Klebstoffen meistern konnten, war die Kostensenkung bei der Herstellung des Schafts. Der Stumpfschutz ist aus Silikon und einem Gewebe gefertigt, dem Liner, das sehr teuer ist. Wir haben einen Hersteller in Deutschland gefunden, der dieses Material günstiger herstellt, doch das Problem war, dass sich der Werkstoff in die Breite und die Länge gedehnt hat. Die Längsdehnung ist für eine Prothese inakzeptabel, da diese Elastizität beim Laufen ständig den Bewegungsablauf stören würde. Wir haben schließlich eine Stoff-Stoff-Verklebung im Schaft verwendet und Band eingesetzt, das an den Stoff geklebt wurde. Auf diese Weise können wir die Dehnung nach oben verhindern und die Kosten für das Liner reduzieren.
Für die beschriebenen Anwendungen verwendet ihr LOCTITE Klebstoffe. Warum LOCTITE und wie seid ihr damit in Berührung gekommen?
Eduardo Sotelo: Während meines Mechatronik-Studiums habe ich das Formula Student Team der Technischen Universität Berlin geleitet. FaSTTUBe und LOCTITE haben bereits länger miteinander gearbeitet, ich selbst hatte überhaupt keine Erfahrung mit Klebstoffen und bin davon ausgegangen, dass Verklebungen als Verbindungstechnologie bei den Rennwägen nicht funktionieren würden, da zu große Kräfte wirken. Bei einer Schulung für neue Teammitglieder durch einen Technischen Vertriebsingenieur von LOCTITE wurde uns gezeigt, welche Möglichkeiten uns durch Klebstoffverbindungen offenstehen. Er hat unser Team beraten und mit uns Lösungen gefunden, zum Beispiel wie wir das Fahrwerk des Fahrzeugs zusammenkleben können oder welcher Kleber für die Hochspannungsbatterie verwendet werden kann. Dafür braucht man einen Klebstoff, der selbstlösend ist, falls das Fahrzeug bei einem Unfall in Flammen aufgehen sollte. So etwas ist sehr schwierig zu finden. Seitdem bin ich beeindruckt, was für Anwendungen durch den Einsatz von Klebstoffen realisiert werden können und welche Kräfte sie aushalten.
Aufgrund dieser Erfahrungen während meiner Formula Student Zeit setzen wir LOCTITE jetzt auch für Horus Prosthetics ein. So helfen uns die Klebstoffe dabei, unser Ziel von günstigen Prothesen zu verwirklichen, weil sie für einige Verbindungen die ökonomischste Lösung sind und uns wie erwähnt helfen, Kosten zu senken. Darüber hinaus erzielen wir damit langlebige Verbindungen, die noch dazu leicht sind und das Design verbessern.
Was ist eure Vision für die Zukunft?
Eduardo Sotelo: Wir starten gerade mit dem Verkauf der ersten Beine und sind gespannt, wie die ersten Tests ausfallen werden. Für einen erfolgreichen Start brauchen wir auf jeden Fall noch weitere Investitionen. Wenn das geschafft ist, möchten wir nächstes Jahr expandieren und uns in Lateinamerika etablieren. Ich persönlich hoffe, dass ich in einem Jahr zurückblicken kann auf viele Patienten, denen wir es ermöglicht haben, wieder zu laufen und sehe, dass es sich lohnt, wenn der Glaube das Risiko überwiegt.
Vielen Dank an Eduardo Sotelo für die spannenden Einblicke und das nette Interview.